Besucher, Sammler und Händler waren sich auch in diesem Jahr einig: Wir kommen wieder! Zum 5. Mal in Folge konnten wir uns über gestiegene Besucherzahlen freuen. Neben dem reichhaltigen Angebot an Edelsteinen, Mineralienstufen zum Schmuck, für die Sammlung oder die Systematik wurden in diesem Jahr auch wieder mehr Fossilien auf die Tische gelegt. Ob verkieseltes Holz aus Chemnitz, fossilführender Hornstein aus Freital oder Muscheln aus Dresden - Lockwitz: Was im Einzelhandel zählt gilt auch hier: regionale "Produkte" wechseln häufig den Besitzer. Das betrifft natürlich auch die berühmten sächsischen Achate aus Schlottwitz oder Sankt Egidien.
Die diesjährige Sonderschau (sie weckte keine Heimatgefühle, sondern eher Fernweh) fand großen Anklang - auch bei den Kleinen! Gezeigt wurden schöne Mineralstufen und Einzelkristalle der Lagerstätte Dalnegorsk.
2005 hatten zwei Mitglieder unserer Gruppe die Gelegenheit, an einer geologischen Studienreise nach Dal´negorsk unter der Leitung des Dresdener Geologen Dr. Wolfgang Reichel und seines russischen Freundes Dr. Alfred Tschernyschow teilzunehmen. Die Vitrine der Sonderschau zur Mineralienbörse 2012 soll mit Bildern, Reiseeindrücken, kurzen geschichtlichen und geologischen Informationen und vor allem mit den herrlichen Mineralstufen von diesem Fundort gestaltet werden.
Der russische Ferne Osten, insbesondere die Region Primorskij Kraj ist sehr rohstoffreich und gut erkundet. Reiche Pb-, Zn-, Sn-, W- und Bi-Vorkommen, sowie eine einzigartige Bor-Lagerstätte sind oder waren in Abbau. Hier soll nur auf den größten Lagerstättenbezirk Dal´negorsk eingegangen werden. Die Umgebung der Stadt ist weltweit einer der berühmtesten Mineralfundorte wegen der Größe und Schönheit seiner Kristallgruppen, interessanter Paragenesen und seltener Pseudomorphosen.
Die Lagerstätte wurde um 1872 von Chinesen entdeckt und Tetjuche (Tal der Wildschweine) genannt. Ab 1887 erwarben russische Unternehmer die Bergbaurechte und begannen Pb, Ag, Cu und später Zn abzubauen. 1897 gilt als Stadtgründung von Dal´negorsk. Eine wichtige Rolle bei der Prospektion und dem Abbau spielte der Wladiwostocker Großhändler Julius (Jurij) BRINER. 1897 rüstete er eine Expedition aus, die zur Entdeckung von Pb-Ag-Erzen der Verchnij Mine führte (der obere Teil ist nach ihm benannt). Heute wird das Wirken von Briner und seiner zahlreichen Nachfahren im Primorskij Kraj hoch gewürdigt, denn er hat als Mäzen viel für die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung der Region getan.1910 wurde die 35 km lange Eisenbahnstrecke zum Japanischen Meer fertiggestellt. Nach Schließung der Minen im 1. Weltkrieg erwarben Engländer die Tetjuche Mining Corp. und förderten bis 1931, danach wurden die Minen verstaatlicht. Erst nach 1945 wurde auf Bor prospektiert und festgestellt, dass die Skarne neben Wollastonit, Hedenbergit und Calcit auch Datolith enthielten. Der Großtagebau „Bor“ ging 1954 in Betrieb. Heute existieren in Dal´negorsk zwei große Bergbaubetriebe: die Bor Company, der größte Borerzeuger Russlands und die Dal´polymetal Company, die derzeit 3 Minen betreibt und Pb, Zn, Bi, Ag, Cd und In erzeugt.
Die Lagerstätten liegen in der Hauptsubduktionszone zwischen den pazifischen und eurasischen Platten und sind daher tektonisch sehr komplex. Die borreichen Skarne erstrecken sich als Erzkörper parallel zur Faltenstruktur. Der größte dieser Erzkörper ist über 500 m mächtig und fällt senkrecht ein. Eine frühe Skarnbildung mit den Hauptmineralien Grossular, Wollastonit, Hedenbergit und Danburit fand in der oberen Kreide statt. Dieser folgte eine Andesit- und Diabasintrusion und eine zweite Skarnbildung mit Andradit, wenig Wollastonit, Hedenbergit und Datolith, wobei der frühe Danburit zum großen Teil in Datolith umgewandelt wurde. Durch Wechsellagerung von Wollastonit, Calcit, Hedenbergit und Datolith entstanden attraktive gebänderte Strukturen, die z.T. als Ornamentsteine verwendet wurden. Die sammlerisch berühmten Sulfidlagerstätten mit bis über 10 m großen Drusen im Skarn bildeten sich während der zweiten Periode.
Nach SMIRNOV (1983) lassen sich vier Phasen der Mineralbildung unterscheiden:
1. Skarnphase mit Wollastonit und Granat über 600°C,
2. Skarn-Sulfidphase zwischen 400 und 600°C,
3. Sphalerit-Galenit-Phase zwischen 120 und 350°C,
4. Chalcedon-Calcit-Phase zwischen 20 und 100°C.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Skarne die Wirtsgesteine für die Sulfid- und Borlagerstätten bilden. Die primären Skarnminerale sind Wollastonit, Hedenbergit, Granat und Manganaxinit. Umgewandelte Skarne enthalten Datolith, Hisingerit, Quarz, Calcit und Siderit. Einige Geologen stellen die Einordnung als Skarne allerdings in Frage und sprechen von hochtemperatur-hydrothermal- metasomatischer Vererzung.
Von den ehemals acht Bergbaubetrieben in der nächsten Nähe von Dal´negorsk mit den Namen Tagebau Bor und den Minen Danburit, 1. und 2. Sowjet, September, Verchnij, Nikolaevskij und Sadovij sind heute neben dem Bortagebau noch die Verchnij und Nikolaevskij Mine und sporadisch die 2.Sowjetmine in Abbau. Die größte Lagerstätte, deren Erzkörper erst in 800 m Teufe aufgeschlossen ist, wird durch die Nikolaevskij Mine abgebaut.
Wenn man sich im Ort über den Bergbau und die Minerale informieren möchte, sollte man zwei gute öffentliche Sammlungen in Dal´negorsk besichtigen: die vom Chefgeologen des Tagebaus Bor, Alfred Tschernyschow aufgebaute Sammlung mit Mineralen ausschließlich vom Bortagebau und die umfassende städtische Sammlung, bei der die Minerale je Mine angeordnet sind, was für den Mineralsammler sehr hilfreich ist.
Es soll im Folgenden nur auf die in außergewöhnlicher Qualität gefundenen Minerale eingegangen werden:
Pyrrhotin: weltbeste Kristalle mit hohem Glanz. Größe bis 10 cm.
Galenit: Haupterz. Kristalle bis zu 5 cm. Würfel, Kuboktaeder, Zwillinge nach dem Spinellgesetz.
Sphalerit: Kristalle bis 10 cm Kantenlänge mit Galenit, Arsenopyrit und Pyrrhotin.
Chalkopyrit: relativ selten, aber Kristalle bis 5 cm.
Calcit: exzellente wasserklare Kristalle, seltene Formen, häufig verzwillingt, Größen bis zu 10 cm Kantenlänge.
Ilvait: in winzigen Rasen und bis zu 6 cm, hochglänzend. Sowohl in Skarnen als auch in sulfidischen Erzkörpern.
Fluorit: Verschiedene Farben und Formen, Kantenlängen bis über 20 cm. Berühmt und sehr teuer sind völlig transparente, sog. „optische“ Kristalle.
Datolith: 2 Generationen: 1. weiße bis hellgrüne transparente Kristalle, 2. Kristalle bis 20 cm, mit Quarz und von Calcittafeln durchdrungen. Nur Tagebau Bor.
Manganaxinit: Kristalle bis 5 cm. Im Skarn augezeichnete hochglänzende Kristalle.
Danburit: Vom historischen Danburit-Tagebau, Kristalle bis 30 cm!
Sie werden sicher nach unseren sammlerischen Aktivitäten fragen. Natürlich haben wir intensiv im Tagebau Bor gesammelt und auch einige hübsche Stufen gefunden.
Auch von der Oxydationszone der Verchnij Mine wurde Material geborgen. Weiterhin bekamen wir auch bessere Stufen zum Kauf ins Hotelzimmer gebracht. Aber leider nützte alles nichts: In Scheremetjevo mußte der größte Teil des Materials, d.h. die besseren Stufen in Russland bleiben, weil uns die Zollbescheinigung einer maßgeblichen Stelle fehlte. So kippten wir tränenden Auges unsere Schätze in einen Papierkorb vor dem Flughafen.